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Medienhäuser Schweiz: Wandel oder Täuschung

Der Detailhandel hat den Wandel des Internets und der Digitalisierung stark zu spüren bekommen. Die Verlagerung vom klassischen Präsenzgeschäft zum Onlinehandel ist unaufhaltbar: 2010 bis 2015 legte der Onlineversandhandel insgesamt um 1,8 Milliarden Franken zu. Im 2015 bestellte Herr und Frau Schweizer Waren im Wert von 7,2 Milliarden Franken; dies ist gegenüber dem Vorjahr ein Anstieg von 7,5 Prozent.

Bücher, Bekleidung und Elektronik haben die höchste Anteile an den Online-Umsätzen. Weitere Sortimente werden folgen wie Kosmetik, Möbel und Haushaltswaren. Unternehmen mit Weitblick haben früh auf die Möglichkeiten im Onlinehandel gesetzt. Digitec und Brack sind inländische Anbieter und Marktführer im Elektronik-Onlinehandel. Amazon und Zalando sind zwei Beispiele aus dem Ausland, die bezüglich Versandqualitäten neue Massstäbe gesetzt haben. Stationäre Händler wie Vögele, Schild oder PkZ ist es nicht gelungen, substantielle Online-Marktanteile zu generieren.

Erfolgreiche Online-Unternehmen haben nicht nur die Zeichen der Zeit erkannt, ebenso nutzen sie die Möglichkeiten der Digitalisierung: zielgruppengerechtes Publikum ansprechen und verkaufen. Ergänzt mit top Dienstleistungen, hoher Verfügbarkeit und schneller Lieferung sind weitere unaufhaltsame Erfolgsfaktoren für den Onlinehandel.

Medienhäuser und Detailhandel – wo ist da der Zusammenhang?

Ein dauerndes Mitgehen mit dem Wandel sichert die Unternehmensexistenz. Viele Detailhändler haben die Chancen als auch Risiken im Onlinehandel nicht oder zu spät erkannt. Die Medienhäuser mit Kerngeschäft Printzeitungen haben den Wandel ebenfalls stark zu spüren bekommen: Rückgang an bezahlenden Lesern mit Folge einer starken Umsatzeinbusse im Werbegeschäft.

Wie haben die Medienhäuser auf den Wandel reagiert, um quantitative Einbussen zu kompensieren, Verlagerung der redaktionellen Artikel in die Onlinewelt – natürlich ebenfalls gegen Entgelt? Meine Recherche überrascht.

Medienhäuser Schweiz: Kernproblem Bezahljournalismus ungelöst

Oft angekündigt, mehrfach verschoben oder gänzlich zur Seite gelegt: digitale online Bezahlmodelle sind bei den grossen Medienhäusern Fehlanzeige.

Dennoch, wie finanzieren sich die Medienhäuser? Liest man die Geschäftsberichte 2015 der NZZ Mediengruppe oder der AZ Medien wird der Eindruck erweckt, die Talsohle sein nun aus ökonomischer Sicht erreicht: Kosteneinsparungen und höhere Erträge ergeben ein solides Jahresergebnis; alles wird gut.

Beispiel die AZ Medien AG – Zukäufe und Veräusserungen

Ich habe die Jahresergebnisse 2010 bis 2015 gegenübergestellt. Ein Verlgleich ist fast unmöglich. Zukäufe und Veräusserungen verwässern eine transparente Einsichtnahme bezüglich Profitabilität im Bezahljournalismus.

bilanzvergleich-azmedien-digitalisierungErläuterungen

  • 2011: Veräusserung Radio Argovia, Lancierung bz Basel
  • 2012: Kauf TeleZüri und TeleBärn, Zusammenkommen Der Sonntag und Südostschweiz am Sonntag
  • 2013: Ankündigung Paid Content (Bezahlmodell)
  • 2014: Übernahme Dietschi AG, Zusammenlegung Redaktionen Print- und Online, Lancierung Watson
  • 2015: Integration Dietschi AG (Oltner Tagblatt), Relaunch Website

Situation Jahresergebnisse

Bereinigt und ohne Zukauf der Dietschi AG ist der Betriebsertrag im Printbereich (Verlag) stark rückläufig und deckt sich somit mit den allgemeinen Markttendenzen. Die Einbussen im Fachverlag sind ebenso unverkennbar. Den Zuwachs im Segment der elektronischen Medien ist zurückzuführen auf den Kauf der beiden Fernsehstationen TeleZüri und TeleBärn.

Ertragsausfälle werden kompensiert durch Kosteneinsparungen im Betriebsaufwand.

Strategie der AZ Medien AG

Drei Punkte möchte ich erwähnen:

  1. Die Konzernergebnisse 2013, 2014 und 2015 widerspiegeln das fehlende konsequente Vorgehen bezüglich Digitalisierung.
  2. Der Printbereich (Verlag), nach wie vor Hauptertragsstütze, wird weiter rückläufig sein – Unklarheit, wie mit der Situation Bezahljournalismus umgehen.
  3. Ein leichtes Umsatzplus in den elektronischen Medien (Fernsehstationen Tele M1, TeleZüri und TeleBärn).

Werbefinanzierter Onlinejournalismus

Die AZ Medien AG puscht das Geschäft mit dem Nachrichtenportal: einerseits Watson, anderseits betrachte ich eine Website wie aargauerzeitung.ch ebenfalls als Nachrichtenportal. Das heisst, ihre Nachrichtenportale mit freien Textkonserven werden angereichert mit Berichten aus dem Segment Verlag sowie den bewegten Bildern aus den unternehmenseigenen regionalen Fernsehstationen.

Leistungen aus den Nachrichtenportalen werden wohl kaum mit Kostenbeteiligung der Leser gewürdigt. Auch die stets überarbeiteten (Re-)Designs lockt keinen einzigen bezahlwilligen Leser. Die Abonnementsinhaber auf den Printbereich ermöglichen somit für alle einen kostenfreien Zugang zum Angebot der AZ Medien AG.

Die Quersubventionierung (zahlende Leser/kostenloses Nachrichtenportal) geht zu Lasten eines einwandfreien Qualitätsjournalismus.

Die angedachte Strategie der AZ Medien AG wäre gut angedacht – Verwertung aller internen redaktionellen Contents (Verlag und Bild) konsolidiert in einem Nachrichtenportal, angereichtert mit Onlinewerbung. Nur die Zukunft ist schon Gegenwart:

  • Verlagerung Zugang Internet ab PC/Desktop zu mobilen Anwendungen
  • Starke Verlagerung von Informationsbezug von Nachrichtenportalen hin zu sozialen Netzwerken als eigenständige Quellen von Nachrichten.
  • Nutzung von Blockersoftware zur Unterdrückung von Werbebanners

Die AZ Medien AG als auch andere Medienhäuser werden es sehr schwer haben, die Werbeinnahmen aus ihren Nachrichtenportalen auszubauen oder sogar zu halten. Facebook und Google dominieren ganz klar den Werbemarkt bezüglich mobilen Endgeräten.

Zukunft der Bezahljournalismus

Ich denke, das obige Modell der AZ Medien AG als auch die Form eines rein werbefinanzierten Nachrichtenportals werden aus den erwähnten Gründen mittelfristig scheitern. Hinzu kommt auch die Überlegung eines nicht vorhandenen Qualitätsjournalismus. Die Folge wird sein, weiterer Verlust von zahlenden Lesern im Verlagsbereich sowie das eine oder andere heutige Trend-Informationsportal wird schnell liegen gelassen.

Die Zukunft im Bezahljournalismus liegt in einer gut durchdachten Bezahlstrategie. Es reicht nicht, herkommliche Abonnements als digitale Angebot zu verkaufen.

  • Die Digitalisierung bietet fantastische Möglichkeiten einer zielgruppengenauen Angebotsbereitstellung.
  • Attraktive Bezahlmöglichkeiten und transparente Preise für journalistische Qualitätsarbeiten – Textkonserven und Pressemitteilungen kann sich jeder aus dem Internet selbst holen.

Hierzu habe ich meine Gedanken schon früher angesprochen, Printmedien und die digitale Welt vom 26. April 2016.

 


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